Mehr über Adam Winkler:

Der schwierige Mann aus dem verschwundenen Dorf

Adam Winkler kam am 19. September 1897 in Gruorn im damaligen Oberamt Urach als Sohn des Johannes Winkler und der Anna Maria, geborene Bleher auf die Welt. Sein Vater war Schmied und hatte 24 Grundstücke. Als die Mutter am 4. Januar 1917 starb, kämpften der Vater Johannes und sein Sohn Adam als Soldaten im Ersten Weltkrieg. Deshalb wurde der Onkel Johann Georg Bleher als Vormund für die Kinder Adam und Rosina vom Königlichen Vormundschaftsgericht eingesetzt.

Der ledige Adam Winkler arbeitete als Knecht in Gruorn. Er wurde mehrmals wegen Betrugs verurteilt. Dabei ging es meist darum, dass Winkler sich unter einem Vorwand Geld lieh und nicht zurückbezahlte. Erstmals wurde am 16. November 1920 vom Amtsgericht Ulm verurteilt und war bis 9. Januar 1922 inhaftiert. Acht Jahre später wurde er wegen „Betrugs im Rückfall“ verurteilt und ein Jahr später war Winkler erneut wegen Betrugs von März 1929 bis September 1930 in Haft. Im April 1931 muss er sich erneut vor dem Schöffengericht Ulm verantworten.

Adam Winkler hatte 1923/24 eine Lehrerin aus Rottweil in Hohenstadt (Oberamt Geislingen) kennengelernt. Bei einer Zugfahrt im Mai 1929 traf er sie erneut und besuchte sie, die inzwischen in Unterkirchberg (Oberamt Laupheim) unterrichtete, danach regelmäßig. Das Gerichtsprotokoll stellte fest „zum Teil bis zum Morgengrauen“. Die Freundin lieh im auf seine Bitte hin Geld unter der Bedingung, dass er als Erntehelfer bei ihrem Bruder arbeite, um das Geld zurückzuzahlen. Winkler zahlte die 100 RM auch innerhalb eines Monats mit Zins zurück.

Im Juni 1929 bat er erneut um 50 RM, die er dann aber trotz verschiedener Mahnungen nicht zurückzahlte. Winkler trug vor, dass seine damalige Freundin den Rückzahlungstermin „in sein Belieben“ gesetzt habe. Das Gericht billigte ihm „mit Rücksicht auf die offenbar vorhanden gewesene Notlage (…) mildernde Umstände zu.“ Sowohl die Berufung vor dem Landgericht Ulm als auch die Revision vor dem Oberlandesgericht Stuttgart am 8. August 1931 bestätigten („ weil der Angeklagte […] von Anfang an entschlossen gewesen ist, das Geld nicht zurückzuzahlen“) die Gefängnisstrafe von 3 Monaten und 15 Tagen.

Mitte Januar 1935 starb der Vater in Gruorn.

Am 17. Februar 1937 verfügte das Landratsamt Urach, dass der Ort innerhalb von zwei Jahren zur Vergrößerung des 1895 eingerichteten Truppenübungsplatzes Münsingen geräumt werden müsse. Die Umsiedlung der 665 Einwohner in württembergische, badische und bayerische Orte war bis Kriegsbeginn zum 1. September 1939 fast vollständig abgeschlossen. Am 10. April 1942 gab der württembergische Gauleiter Wilhelm Murr offiziell die Auflösung der Gemeinde Gruorn bekannt. Einige wenige, meist minderbegüterte Personen, harrten trotzdem weiterhin in ihren Häusern aus. Die Gebäude des Dorfes dienten nach der Entvölkerung als Kulisse für Häuserkampf-Übungen und wurden dem Verfall preisgegeben. Damit war Adam Winkler nicht nur elternlos sondern auch heimatlos.

Adam Winkler wurde am 8. Februar 1940 zur Wehrmacht als Schütze im 16. Landesschützen-Bataillon 405 nach Beihingen-Heutingsheim eingezogen. Seine Erkennungsmarke nennt auch das 5. Flak-Ausbildungsregiment 43 - in deren Listen taucht der Name Winkler aber nicht (mehr?) auf. Ab dem 9. Juli 1942 war Winkler zur Untersuchung seines Geisteszustands im Reservelazarett Winnenden, als Diagnose wird dort „unstet“ und „asocial“ vermerkt. Am 25. August wurde er als „kriegsverwendungsfähig“ in die Wehrmachtshaftanstalt Ludwigsburg zurückgebracht und konnte vom Gericht der Division (mot) 155 zum Tode verurteilt werden. Am 10. Oktober 1942 wurde Adam Winkler um 8:05 Uhr hingerichtet, am 14. Oktober beerdigt. Auf dem Friedhof in Gruorn steht sein Name am Denkmal der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Auch die Gräber der hingerichteten Soldaten auf dem Ludwigsburger Alten Friedhof haben keinen Hinweis auf die Todesart der hier Bestatteten.

Quellen:
BArch B 563-2 Kartei der Verlust- und Grabmeldungen gefallener deutscher Soldaten 1939-1945 (-1948)
BArch B 578/M 3781 Krankenbuch Nr. V, Bl. 129, lfd. Nr. 771
BArch B 563-1 Kartei W-1562_125
StadtA LB L67 Zg. I/25/1984Nr. 1,6
StALB E 350 a Bü 5254
HStA Stuttgart A 575 Bü 635
HStA Stuttgart A 575 Bd 1108
HStA Stuttgart A 575 Bd 1178
HStA Stuttgart A 575 Bü 455
Bischoff-Luithlen, Angelika: Gruorn - ein Dorf und sein Ende, Münsingen 3. Aufl. 1982


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Fotografie von Rekruten – darunter Adam Winkler (welcher er ist, konnte bisher nicht festgestellt werden)

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Eine Schmiedearbeit von Adams Vater Johannes gestaltete das Grab von Adams Mutter Anna Maria auf dem Friedhof von Gruorn.

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Adam Winklers Grabstein auf dem Ludwigsburger Alten Friedhof

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Auf dem Kriegerdenkmal des Friedhofs von Gruorn wurde Adam Winkler ohne Hinweis auf sein Schicksal mit genannt.


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